Das Wirkliche erscheint, wenn der Verstand schweigt.
Das Wirkliche ist unteilbar.
Es ist alles, was sich manifestiert, und Es ist die alleinige Quelle, der Ursprung aller Handlungen und Ereignisse.
Das Wirkliche ist unbeschreiblich, weil es ohne Attribute ist.
Es hat weder Form, noch Farbe, noch Geruch und doch hat es einen einzigartigen Geschmack.
Es hat den Geschmack des Wahren.
Es ist weder ein intellektuelles Konzept noch eine abstrakte Idee, sondern das greifbar und authentisch Erlebte.
Eine lebendige Erfahrung im tiefsten Sinne des Wortes.
Der Weg der Wirklichkeit ist ein Weg des Loslassens. Wir lassen unsere Überzeugungen, unsere Reaktionen, unsere Ängste,
unsere Strategien, unsere Abwehr und unsere Masken fallen. Wir wagen es, dem Leben nackt gegenüberzustehen,
in einer Form von Unschuld, die nicht naiv ist, sondern von unserem Bewusstsein beleuchtet.
Sein, so wie man ist, im Moment, ohne etwas anderes zu behaupten.
In aller Einfachheit eins werden mit dem Gefühl, der Empfindung, der Wahrnehmung des Augenblicks.
Zutiefst wissen, dass das, was geschieht, geschehen soll und es mit unserer vollen Präsenz begleiten,
anstatt sich dagegen zu wehren oder zu versuchen, es zu verbessern.
Immer weniger unter dem Einfluss der eigenen Vorstellungswelt stehen.
Der Verstand zieht sich zurück und lässt uns im Moment sein, ohne Geschichten zu erschaffen.
Sein außerhalb des Verstandes, direkt zu fühlen und wahrzunehmen, ohne dass es einen Vermittler zwischen dem Wirklichen und mir gibt, das ist der Weg.
Es ist eine sehr natürliche Art zu leben, aber wir haben sie vergessen. Dieser Vorschlag erscheint uns komplex,
weil wir alles über den Verstand erklären und verstehen wollen.
Was vorgeschlagen wird, geht weit über den Rahmen des spekulativen und rationalen Denkens hinaus.
Wenn der Verstand sich vollständig entspannt, erreicht er wieder das ursprüngliche Bewusstsein und erlangt die Unermesslichkeit und Tiefe des Wirklichen.
Ein langer Weg stufenweiser Hingabe, der nie zu enden scheint. Aber in jedem Moment haben wir die Möglichkeit, alles loszulassen und uns ganz dem Augenblick hinzugeben. Dies gleicht einem Sprung ins Leere, einem Eintauchen in die Tiefe des Wirklichen.
Ein Moment der Einheit, in dem wir die ursprüngliche Quelle wiederfinden.
Wir trauen uns, in allen Situationen authentisch zu sein, selbst wenn sie konfrontierend sind oder wir riskieren, unser Gesicht zu verlieren. Wir fragen uns regelmäßig, ob wir uns schützen, indem wir eine Rolle spielen oder vorgeben, jemand anderer zu sein, anstatt aufrichtig zu sein. Wir wagen es zu schauen, was in uns passiert, was wir fühlen und was wir denken. Die Aufrichtigkeit ist, obwohl sie einfach ist, die schwierigste Praxis, denn sie verlangt von uns, uns der Wirklichkeit zu stellen, ohne sie umzulenken, um unsere eigenen Interessen zu bedienen. Ohne Aufrichtigkeit ist es nicht möglich, die Einheit mit der Wirklichkeit wiederzufinden und es ist auch wesentlich, dass sie zu einer grundsätzlichen Ausrichtung in unserem Leben wird.
Die Einheit im Alltag
Die Wirklichkeit ist Eins. Wir bemühen uns, keine Spaltung zwischen unserem spirituellen Streben und unserem Alltagsleben zu schaffen. Wir erproben die Nicht-Trennung in der Natur, in der Stadt, in unserer Küche, im Büro oder auf unserem Meditationskissen. Wir vernachlässigen nicht die Beziehung zu unseren Angehörigen, der Nachbarn oder Kollegen, denn es sind oft diese gewöhnlichen Dinge, die uns konfrontieren und unsere Praxis vertiefen und stabilisieren lassen. Die Spiritualität beschränkt sich nicht auf intensive und ekstatische energetische Erfahrungen, welche die Tendenz haben, uns süchtig zu machen und uns von unserem Pfad zur Wahrheit abbringen, um ihn in den Dienst des Ego und seinem unersättlichen Wunsch nach speziellen Erfahrungen zu stellen. Es ist also notwendig, dass unsere tiefsten spirituellen Erlebnisse sich in alle Lebensbereiche integrieren.
Die Präsenz
Wir üben uns darin, zu handeln, zu gehen und zu sprechen und dabei im Kontakt mit der ganzheitlichen Empfindung des Körpers zu bleiben. Ganz egal, wie unsere Haltung ist, bewohnen wir vollständig den Körper und wir versuchen, die vertikale Ausrichtung zu behalten, die uns durchquert, vom Becken bis zum Scheitel, geschmeidig und lebendig. Wir lassen unsere Aufmerksamkeit, die so oft fokussiert und in Beschlag nehmend ist, sich öffnen und entspannen, um zur Basis unseres Seins hinabzusteigen und sie dort zu stabilisieren.
Ich weiß nicht
Wir entwickeln den Anfängergeist – der, der nichts weiß und der immerzu bereit ist, die Lektionen des Lebens zu entdecken und zu empfangen. Das ist eine innere Qualität der Unschuld und der Frische, in der wir an allen Aspekten der Wirklichkeit interessiert sind – ohne jegliche vorgefasste Meinung. Eine Haltung, in der wir vor allem Zuhören! Wir sind für alles, was sich uns im Innen und Außen präsentiert, offen und verfügbar, denn wir haben kein Bild, das wir verteidigen müssen. Der Anfänger vernachlässigt kein Detail, denn er weiß, dass sich in den einfachsten und banalsten Dingen oft die tiefsten Lektionen des Lebens finden lassen. Wenn wir diesen Geist der Öffnung und der Leichtigkeit des „Ich weiß nicht“ behalten, nehmen wir uns nicht zu ernst, aber wir lassen uns gleichzeitig ehrlich auf alles ein, was wir machen, denken oder fühlen.
Das Engagement
Wenn wir eine Resonanz für den Weg und die Lehren spüren, engagieren wir uns dafür, diese mit jeder Geste, jedem Wort, jedem Gedanken so gut es geht in die Praxis zu bringen, ohne daraus eine Performance zu machen und ohne sich zu tadeln, wenn es nicht möglich ist. Wir erkennen unsere Widerstände an und trauen uns, uns diesen zu stellen. Wir versuchen nicht, sie loszuwerden, sondern sie von tiefstem Herzen anzuerkennen. Wir setzen uns dafür ein, dass uns kein dunkler oder schwieriger Bereich davon abhält, tiefer in uns selbst hinabzusteigen. Wir fühlen uns bereit, dass uns keine egoistische List von der Wahrheit wegbringt.
Ausprobieren
Es ist wesentlich, die Lehre nicht für einen neuen Glaubenssatz herzunehmen, an den wir uns anpassen, oder sie durch ein rein konzeptuelles Verständnis beschränken, denn das würde hoffnungslos an dem vorbeigehen, was vorgeschlagen wird. Es ist notwendig, das was formuliert wird, selbst zu erfahren und niemals seine eigene Autorität aufzugeben, selbst wenn es wichtig ist, sich völlig hinzugeben, damit eine echte Transformation stattfindet. Die Intuition, welche ein unverzichtbarer Bestandteil für einen Weg zurück zu sich selbst bedeutet, kann sehr schnell durch eine Ideologie verformt und verdunkelt werden, selbst wenn sie nur im geringsten dogmatisch ist; deshalb ist es wesentlich, sich gegen diese Form der Ausartung zu schützen.
Das ist die einfachste und radikalste Praxis, in der wir eine Qualität der Präsenz entwickeln, welche erlaubt, in sich selbst abzusinken – an die Wurzel des Seins. Wir lernen, uns so zu lassen wir sind, nicht zu intervenieren und still in unserem Inneren zu bleiben, egal was passiert. Wir lauschen entspannt dem Moment, ohne in einen hypnotischen Zustand einzutreten. Während der Seminare werden die Meditationen manchmal angeleitet um uns zu helfen, in die Tiefe und Stille unserer wahren Natur einzutauchen. Es wird keinerlei Technik vorgeschlagen, da es darum geht, aufzuhören etwas zu machen und sich in sich selbst hineinzuentspannen, in einen Zustand der kompletten Empfänglichkeit.
Erkundung der Empfindung - Inneres Yoga*
Basierend auf dem Yoga des kaschmirischen Shivaismus sowie dem Qi Gong sind die spezifischen Körperübungen einfach und zugänglich, denn ihr Ziel ist vor allem, den Kontakt mit der Wahrheit des Körpers wiederzufinden. Dieser ist oft nur eine Ansammlung von Widerständen, Reaktionen und Ängsten, die sich in einem chronischen Zustand der Zusammenziehung des Körpergewebes manifestieren. Diese Kontraktion blockiert die Zirkulation der Energie und macht den Körper schwer und steif. Er verliert seine Vibrationsfähigkeit und seine Kapazität, in den Raum zu strahlen. Dieser konditionierte Körper ist nicht imstande, seine Nicht-Trennung von der Wirklichkeit zu realisieren. Die vorgeschlagenen Erkundungen erlauben, sofort unsere Tendenz zu beobachten, in sich wiederholende und kontrollierte Bewegungen zu gehen sowie auch unsere Tendenz, unsere Gesten zu forcieren oder einzuschränken. Die Erkundungen helfen uns, einen fließenden und schwingenden Körper wiederzuerlangen, der sich ohne Anstrengung mit dem Moment verbindet.
* Das innere Yoga ist eine aktive Meditation, wo sich Geist und Körper harmonisieren. Der Verstand beruhigt sich und man tritt in die Erfahrung der Empfindung ein. Der Körper wird eins mit dem Moment. Dieses Yoga erlaubt, die Lehre auf eine konkrete und tiefe Art und Weise zu integrieren und sie folglich ins Alltagsleben übertragen zu können.
Erkundung der Atmung
Indem wir die Empfindung des Atems auf einem physiologischen und energetischem Niveau entwickeln – immer darauf bedacht, niemals in eine Form der Kontrolle oder Performance einzutreten – erlauben wir uns, die Widerstände, welche den Atem in seiner Harmonie und seinem Ausmaß beeinträchtigen, Stück für Stück zu entleeren. Die Arbeit mit dem Atem hat tiefgehende Effekte, sie löst den Verstand, beruhigt die emotionale Aufgeregtheit und erleichtert die Rückkehr zum Sein. Die einfachen Übungen, die in verschiedene Situationen des Alltagslebens übertragen werden können, werden regelmäßig während den Seminaren angeboten.
Gehen
Verschiedene Arten zu Gehen, die vor allem aus dem Qi Gong (Dao Yin) und der Sensorischen Gymnastik kommen, beschäftigen sich damit, die Wahrnehmung der Empfindung der aufrechten Position, der Verwurzelung und dem Gleichgewicht der linearen Achsen zu entwickeln. Die verschiedenen Schritte des Gehens werden bewusst erforscht, denn diese „Basisbewegung“ bringt unsere Art, uns zu bewegen, ans Licht, welche oft überhastet und automatisch ist. Wir lernen, die Atmung an die Schritte anzulehnen, bis sie nur mehr eine einzige Bewegung formen und unser Verstand sich in Stille in diese dynamische Meditation hineinentspannen kann.
Untersuchung
Wir beobachten alles, was uns stört – gleichzeitig im Bereich der Empfindung und der Gedanken – um uns der emotionalen und geistigen Muster bewusst zu werden, die uns verschließen. Sobald wir uns gestört fühlen, selbst nur leicht, fragen wir uns: „Was ist wahr? Bin ich mir sicher über das, was ich über diese Situation weiß oder glaube? Ist nicht die Wirklichkeit dabei, mir die Wahrheit aufzuzeigen? Erzeugt nicht die Tatsache, dass ich mich an das anhafte, was ich glaube, das Leiden?“ Das ist keine intellektuelle Übung; wir hinterfragen unsere emotionalen Gewohnheiten und unsere Glaubenssätze, ohne den Verstand antworten zu lassen; die Antworten kommen aus der Tiefe unseres Seins. Das ist eine Praxis, die von uns Ehrlichkeit und Mut verlangt. Wir fühlen uns bereit, all unsere Haltungen zu hinterfragen, selbst die grundsätzlichsten, die unsere eigene Wesenheit sind. Diese Praxis lässt uns einen Zustand der konstanten Entdeckung leben, weil wir nichts als unbestritten oder definitiv betrachten.
Die Praxis des Innehaltens
Während des ganzen Tages finden sich Zwischenräume, die frei von Gedanken und Aktivitäten sind, denen wir keine Aufmerksamkeit schenken, weil zu flüchtig sind. Es geht darum, diese Einladungen in diesem Moment zu ergreifen, ohne sie aufzuschieben, und in diese Intervalle der puren Stille einzutauchen, sich in sein Innerstes fallen zu lassen, ohne Zurückhaltung. Das erfordert eine große Sinnesschärfe und ein absolutes Fehlen von Zögern. Es ist, als ob man sich in vollstem Vertrauen ins Leere wirft. Wir lassen uns in der Substanz des Augenblicks schmelzen, um unmittelbar unsere fundamentale Einheit mit ihm zu erfahren. Diese Praxis ist sehr leicht in den Alltag zu übertragen, in dem wir die Klänge der Umgebung als Eingangspforten in diese Zwischenräume benützen.